Als Kristin am Treffpunkt ankam, stand noch nicht einmal der Bus da. Zwei Frauen standen auf dem Parkplatz mit ihren riesigen Koffern und unterhielten sich. Das war dann wohl die Begleitung. Denn wer würde sonst an einem Samstag und ersten Tag der Sommerferien so früh auf einem verlassenen Parkplatz stehen? Als ihr Fahrer Hannes den Motor ausschaltete, machte Kristin keinerlei Anstalten aus dem Auto auszusteigen. "Geh mit Optimismus an die Sache ran", meinte Hannes. "Du kannst es eh nicht mehr ändern, dass du nach Berlin fährst." Er sah zu Kristin hinüber. Sie starrte finster zurück. "Okay. Versuch wenigstens nicht allzu pessimistisch zu sein", korrigierte er sich. Kristin schnaubte wütend und schnallte sich ab. "Als ob das möglich wäre!", gab sie zurück und stieß schwungvoll die Autotür auf, sodass sie wieder zuzufallen drohte. "Kein Grund deine Wut an dem unschuldigen Wagen auszulassen!", sagte Hannes und stieg ebenfalls aus dem Auto. Ein paar Augenblicke standen beide unschlüssig am Wagen und sahen zu den beiden Frauen hinüber. Dann schlug Kristin die Tür kräftig zu und das Geräusch ließ die Frauen herumfahren. "Kristin! Dein Vater bringt mich um, wenn der Wagen demoliert ist!", ermahnte Hannes sie und schloss seine Tür mit größter Sorgfalt. "Geh du schon mal zu den Frauen und stell dich vor. Ich hol den Koffer raus."
Da ihr im Moment nichts besseres einfiel, tat Kristin genau das. Sie versuchte eine nicht ganz so finstere Miene aufzusetzen und schaffte es zu lächeln. Sie wollt es sich schließlich nicht gleich mit den Frauen verscherzen, die die Macht über ihre nächsten Wochen hatten. "Hallo. Sind Sie die Aufsichtspersonen für die Berlinreise?", fragte sie so liebenswürdig, wie es im Moment ging. Die Frauen nickten. "Ich bin Marie Johnson und das ist meine Schwester Jana", sagte die Frau mit den blonden Haaren und der etwas merkwürdig geformten Nase. Sie gefiel Kristin nicht besonders und bei ihrer Schwester war es auch nicht sehr viel anders. Auch wenn Janas Nase nicht allzu krumm war. "Kristin Pierce", stellte Kristin sich vor, nun doppelt bemüht ihr freundliches Gesicht aufrechtzuerhalten. "Kristin Pierce", wiederholte Jana und sprach das e am Ende mit. Kristin wollte sie schon verbessern, verkniff es sich aber. "Ah ja! Schön! Du bist die erste!" Natürlich war sie die erste! Auf dem Parkplatz war ja sonst niemand! "Tja, wir werden noch eine Weile warten müssen", stellte Marie fest. Kristin seufzte tief. Innerlich. "Ich setzte mich da hinten auf die Bank", kündigte sie an und wartete nicht auf eine Antwort. Als sie sich in sicherer Entfernung von den beiden Geschwistern auf die Bank gesetzt hatte, kam Hannes auch schon mit dem Koffer. "Der Boss hat angerufen. Ich muss los", sagte er und drehte sich schon wieder um. "Viel Spaß!" "Als ob ich den haben würde", dachte Kristin.
Dienstag, 10. September 2013
Montag, 2. September 2013
Tiffany - Etwas neues machen, weg von hier..
Also wie und wo soll ich jetzt anfangen? Ich zeige euch einfach mal eine Seite aus meinem
Tagebuch. Ich schreibe gerne Tagebuch, hier kann ich einen klaren Gedanken
fassen. Die meisten sagen sogar, es
würde helfen alles besser verarbeiten zu können und das kann ich mehr als nur
gebrauchen. Also..
Liebes
Tagebuch,
Heute war
endlich der letzte Schultag, aber ich weiß nicht so recht, ob ich mich darüber freuen
soll.
Eigentlich
fing alles ganz gut an, und als wir unsere Zeugnisse bekommen haben ist es
sogar ganz gut ausgefallen. Aber als ich nach Hause kam, warteten schon meine
Eltern auf mich. Sie baten mich, mich hinzusetzten: sie wollten scheinbar über
etwas sehr wichtiges reden.
Auf dem Weg
zur Couch erwartete ich schon das Schlimmste. Und dann fing mein Vater an:
„Tiffany,
wir haben in letzter Zeit gemerkt, dass du dich sehr von den anderen
distanzierst. Früher hast du dich fast jeden Tag mit deinen Freundinnen
verabredet…“
Das stimmte.
Bis vor wenigen Monaten habe ich mich praktisch täglich mit meinen besten
Freundinnen getroffen. Wir haben zusammen den größten Quatsch gemacht, haben
Filmnächte gemacht und… alles Mögliche halt. Aber auf unerklärliche Weise ebbte
das ganze allmählich ab. Schritt für Schritt. Vielleicht lag es an dem
Schulstress? Ich kam mir allerdings so vor, als würde ich den ganzen Tag an
Hausaufgaben und am Lernen sitzen. Aber war das nicht vorher auch so..? Also
ich persönlich glaube immer noch, dass mir das Leben etwas damit sagen will,
sowas wie.. ein Zeichen! Ich glaube schon lange an Dinge wie Schicksal und all
sowas. Aber wenn es denn nun wirklich so wäre, was wollte man mir damit sagen?
„Jedenfalls
haben deine Mutter und ich beschlossen, dich mit einer Jugendorganisation nach
Berlin zu schicken. Für zwei Wochen. Vielleicht wirst du ja etwas… geselliger.
Und es wird dir mit Sicherheit Spaß machen. Du lernst neue Leute kennen, siehst
Berlin…“
Und ab dem
Punkt habe ich abgeschaltet. Nach Berlin? Allein? Ohne jemanden, den ich kenne?
Wie konnten sie das nur einfach so beschließen? Ohne mich nach meiner Meinung
zu fragen?? Aber es ließ sich ja nichts mehr ändern. Es macht keinen Sinn zu versuchen
zu widersprechen.
Aber jetzt,
wo ich so darüber nachdenke, ist das vielleicht ein Zeichen! Vielleicht wird
mir diese Reise wirklich helfen. Und.. es hört sich jetzt komisch an, aber ich
habe sogar das Gefühl, dass sich zu dieser Zeit etwas Großes ergeben wird. Aber
vielleicht bilde ich mir das einfach nur ein, aber der Gedanke daran ist
einfach toll. Ein Abenteuer! Das brauche ich unbedingt. Diese Reise wird
bestimmt etwas Abwechslung in mein Leben bringen.
Aber mir
fällt ja ein: für die zwei Wochen werde ich nicht zum Bogenschießen gehen
können! Wie soll ich das nur überleben? Das ist das einzige wobei ich wirklich
auf andere Gedanken komme. Dieses Gefühl den Pfeil anzuspannen, zu zielen und –
ins Schwarze zu treffen, einfach fantastisch. Ich bin mit eine der besten in
diesem Kurs. Aber möglicherweise lässt sich in Berlin irgendetwas finden, was
dem nahe kommt.
Naja,
jedenfalls muss ich anfangen zu packen, morgen geht es immerhin schon los. Mal
sehen, wie es so wird…
Deine
Tiffany
Und so sah
mein Eintrag vor der Reise aus. Ich hätte nie gedacht, dass ich mit meinen
Vermutungen sogar recht behalten würde. Somit bin ich gar nicht so bescheuert
wie ich damals dachte..
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